Schauten im Siegfriedmuseum mit kritischem Blick auf die Nibelungen-Stummfilme aus dem Jahr 1924 (v.l.n.r.): Professor Martin Schubert und Professorin Gaby Herchert von der Universität Duisburg-Essen, Museumsleiterin Anke Lyttwin und Privatdozent Dr. Pete
XANTEN. Das Wort ‚deutsch‘ taucht im Nibelungenlied nicht ein einziges Mal auf. „Trotzdem wurden Figuren und Motive daraus immer wieder in den Dienst des Völkischen und der Nation gestellt, was bei Licht betrachtet und aus heutiger Sicht höchst fragwürdig ist“, sagt der Philologe Dr. Peter Glasner von der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Im Siegfriedmuseum unterzog der Privatdozent für Deutsche Philologie, nach einer kurzen Einführung von Prof. Dr. Martin Schubert (Universität Duisburg-Essen), die beiden Stummfilme „Siegfried“ und „Kriemhilds Rache“ aus dem Jahr 1924 jetzt einer ideologiekritischen Betrachtung. Rund 40 Cineasten und Literaturinteressierte erfuhren dabei, wie stark die Filme von der literarischen Vorlage aus dem 13. Jahrhundert abweichen.
Den Titel seines Vortrages, „Sendbote von deutschem Wesen“, entnahm Peter Glasner dem Begleitheft der beiden Nibelungen-Filme von Fritz Lang und Thea von Harbou. Die Autorin von Harbou, die nach 1933 eine engagierte Nationalsozialistin wurde, beschreibt Sigfried darin als blond und blauäugig, obwohl das nicht in der mittelalterlichen Textvorlage zu finden sei. Ebenso sei es mit der Charakterisierung des Hunnenkönigs Etzel und seines Volkes als halbnackte und nur mit Fellen bekleidete Wilde. „Diese Stilisierung des vermeintlich deutschen Helden und die Abgrenzung gegenüber Fremden geschieht auch vor dem Hintergrund des verlorenen 1. Weltkrieges und der sich anbahnenden politischen Entwicklung“, so Peter Glasner.
Von Fritz Lang, der bereits 1934 in die USA auswanderte und amerikanischer Staatsbürger wurde, ist bislang keine selbstkritische Äußerung zu seinen Nibelungen-Filmen bekannt. „Ich suche noch danach, bislang allerdings vergeblich“, so der Altgermanist Glasner. Bereits 2008 kuratierten er und seine Studierenden das Ausstellungsprojekt „Nibelungen – Mythos, Kitsch und Kult“. Nicht zuletzt deshalb hatten ihn die Niederrhein-Akademie der Universität Duisburg-Essen, die katholische Propsteigemeinde St. Viktor, das Stiftsarchiv Xanten, der Verein zur Erhaltung des Xantener Doms und die Stadt Xanten zu diesem Vortrag eingeladen, der die Reihe der „Xantener Vorträge“ in diesem Jahr beschloss.
25. Oktober 2025