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Heiner Geißler im Stadtkirchengespräch in Moers

Was müsste Luther heute sagen?

Heiner Geißler in der Moerser Stadtkirche. Foto: Klaus Dieker

Von Jörg Zimmer

 

MOERS. Auf die Frage, was Martin Luther heute sagen müsste, hat Heiner Geißler klare Antworten: Achtet die Würde des Menschen, helft denen, die in Not sind, nehmt Jesus in seiner Menschenliebe zum Vorbild und an die Adresse der Kirchen: Findet Wege aus Euren Widersprüchen und gemeinsame Worte gegen die, die diese Welt kaputt machen. Der 87 Jahre alte, ehemalige CDU-Generalsekretär und Bundesminister führt eine leise, aber klare Sprache. Viele wollten ihn beim Stadtkirchengespräch in Moers hören und mussten sehr die Ohren spitzen.

 

„Jeder intelligente Katholik ist in seinem Innern immer auch ein Protestant.“

 

Schon sein erster Satz begeistert: „Jeder intelligente Katholik ist in seinem Innern immer auch ein Protestant.“ Lacher aus den vollbesetzten Stuhlreihen und den ebenfalls gut gefüllten oberen Rängen. Das sagt einer, der als Katholik in einer sehr protestantischen Gegend Baden-Württembergs aufgewachsen ist. Das sagt einer, der heimlich rausgefunden hat, dass seine Großmutter Theresia dem Priester wöchentlich einen Umschlag mit Geld zusteckte, um einen Teil ihrer Sünden erlassen zu bekommen. Das sagt einer, der vier Jahre dem Jesuitenorden angehörte und ihn verließ, weil er mit zwei der drei Ordensgelübde Armut, Keuschheit und Gehorsam ein Problem hatte. Heiner Geißler: „Die Armut war es nicht.“

 

Heiner Geißler, der später Philosophie und Rechtswissenschaft studierte, kam schon früh mit dem Protestantismus in Berührung. Oft habe der Pfarrer der Kirche ausgerufen, „wenn es nur diesen Luther nicht gegeben hätte“. Es war der gleiche katholische Geistliche, der regelmäßig das Geld der Oma einstrich. Schon früh regten sich in diesem Heiner Geißler, an dem sich die Friedensbewegung der 80er-Jahre wund rieb, Zweifel an der „Connection von Kirche und kapitalistischer Macht.“

 

Jede Woche mindestens einmal von ihrem Mann halb totgeschlagen

 

Luther habe diese Connection zerschlagen, als er den breiten Geldstrom aus dem Ablasshandel in Deutschland nach Rom unterbrach. Heiner Geißler: „Es ist bis heute eine Frechheit, den Menschen als Sündendreck zu bezeichnen.“ Luther habe den Menschen mit seinem neuen Verständnis von der geschenkten Gnade Gottes eine Freiheit geschenkt, die bis heute nicht alle erreicht hat. „Nach katholischem Recht darf eine Philippina, die jede Woche mindestens einmal von ihrem Mann halb totgeschlagen wird, sich nicht scheiden lassen. Das beklagt sogar Papst Franziskus“, so Heiner Geißler.  

 

Martin Luther müsste viel sagen, davon überzeugte Heiner Geißler seine Zuhörer in der Moerser Stadtkirche. Er müsste sagen, dass Frauen nicht nur in Europa, sondern an vielen Orten der Welt immer noch benachteiligt und entrechtet werden. Er müsste sagen, dass der Kapitalismus nach wie vor die Ethik kaputt macht: „Wenn ein erfolgreicher Geschäftsmann, der den Frauen einfach unter den Rock greift, jetzt Präsident der Vereinigten Staaten wird, dann werden Tausende denken, sie dürften das auch.“

 

Geißlers Appell: Ökumene voranbringen!

 

Und er müsste daran erinnern, dass die vielen Menschen aus den Flüchtlingslagern rund um Syrien sich erst in Richtung Europa aufgemacht haben, als die Mitgliedsstaaten der UNO trotz klarer Verabredung nicht ihrer Verpflichtung nachgekommen sind, die Menschen mit dem Nötigsten zu versorgen. Luther müsste sagen: „Euer Menschenbild stimmt nicht, der Mensch ist mehr als ein Kostenfaktor.“ Die Geldströme fließen heute schneller. In Nanosekunden flitzen sie zwischen den Börsen hin und her, zwei Billionen Dollar am Tag. Heiner Geißler: „Wenn darauf im Nullkommabereich eine Steuer erhoben würde, wie ganz selbstverständlich auf Windeln und anderes, wäre genug Geld da, die Probleme der Menschheit zu lindern.“

 

Ja, Martin Luther hätte viel zu sagen. Und die Kirchen hätten Besseres zu tun, als sich in Grabenkämpfen zu erschöpfen und unterdessen zuzusehen, wie die Kirchenbänke immer leerer werden. An diesem Abend in der Moerser Stadtkirche waren sie übervoll, „wie an Weihnachten“, so Pfarrerin Christiane Münker-Lütkehans. Heiner Geißlers Appell, die Ökumene voranzubringen, fand an diesem Abend offene Ohren beider Konfessionen. Denn das Stadtkirchengespräch ist schon seit 30 Jahren eine ökumenische Veranstaltung.

 

Buchtipp: Was müsste Luther heute sagen

 

Wer erfahren möchte, was Luther noch alles  sagen müsste, sollte unbedingt Heiner Geißlers Buch „Was müsste Luther heute sagen“ lesen. Im knapp zweistündigen Kirchengespräch konnte der christdemokratische Politiker, der er im hohen Alter noch mit Herz und Verstand ist, nur wenige Kapitel beleuchten.

 

20. Januar 2017

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Jörg Zimmer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit